Andreas
von Bonin, LL.M. '98
© Copyright Andreas
v. Bonin
Internet im Lichte neuer Gesetze
ZUM 1997, 823
Andreas von Bonin und Oliver Köster, Freiburg/Köln(1)
Jahrelang war das Internet ein Datennetz,
in dem keine staatliche Stelle für Ordnung sorgte(2).
Dies ist nun anders geworden.
Die sprunghafte Entwicklung des Internet(3) zum massenhaft genutzten Informations- und
Kommunikationsmedium und zum Wirtschaftsfaktor wirft neue rechtliche Probleme
auf. Besondere Bedeutung kommt dabei der Frage zu, welchen rechtlichen
Anforderungen der Inhalt im Internet verbreiteter Angebote genügen muß und wer rechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist, wenn
ein Angebot diese Anforderungen nicht erfüllt.
Bund und Länder haben auf die neuen
Probleme mit neuen Gesetzen(4)reagiert. Ob diese
in der Lage sind, wirksam und den Besonderheiten dieses neuen Mediums
entsprechend Ordnung im Internet zu schaffen, soll im Folgenden untersucht
werden.
I. Anwendungsbereich, Dienste- und Anbieterbegriff
1. Die wichtigsten Diensteformen
im Internet sind derzeit Electronic Mail(5), Filetransfer(6), Newsgroups(7) und das World Wide Web (WWW)(8). Wer eine WWW-"Site" anbietet oder eine Newsgroup
betreibt, fragt sich zunächst, ob sein Dienst dem TDG oder dem MDStV unterfällt. Die Antwort im
Gesetzestext zu finden fällt schwer, denn in § 2 TDG / MDStV
ist eine trennscharfe Abgrenzung der Anwendungsbereiche nicht gelungen(9). Zwar sind beide Regelungswerke in den
Schlüsselvorschriften wortgleich(10). Dennoch
ergeben sich bei genauer Betrachtung Unterschiede von einigem Gewicht v.a. bei der Durchführung präventiver Inhaltskontrolle (s.u. III 2.) sowie beim Daten- und Jugendschutz. Für den
Akteur im Internet hat also die genaue Zuordnung einzelner Dienste zur einen
oder anderen Regelung entscheidende Bedeutung. Orientiert man sich an den in
Anspruch genommenen Kompetenztiteln des Grundgesetzes, ergibt sich folgende
Prüfung: Je eher ein allgemeinkommunikativer Dienst im Internet
wirtschaftlicher Natur ist, je weniger die radaktionelle
Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit das Angebot kennzeichnet
und je ausgeprägter die Nähe des betreffenden Dienstes zur
Individualkommunikation ist, desto eher unterfällt er
dem TDG. Für das Internet werden letztlich beide Gesetze Bedeutung erlangen(11).
2. Im Internet kommen verschiedene Arten
von Angeboten vor. Dies kann sowohl die private Homepage mit Bild, Text und
einigen Lieblingslinks, als auch ein Chatroom, ein Archiv, ein Kurzfilm oder eine Suchmaschine
sein (12). Alle diese Angebote stellen
"Dienste" iSd des TDG / MDStV
dar. Wichtiger als die Form ist im Medium Internet jedoch der Inhalt eines
Dienstes. Hierauf stellen auch die Verantwortlichkeitsregelungen in § 5 TDG / MDStV ab. Der Begriff des "Inhalts" wird jedoch
weder im TDG noch im MDStV näher bestimmt. Mangels
ausdrücklicher Einschränkung umfaßt der Begriff des
"Inhaltes" in weiter schutzzweckorientierter Auslegung Informationen
jeglicher Art in Schrift, Bild und/oder Ton(13).
Im Internet haben sich drei verschiedene
Arten von Anbietern herausgebildet: content provider, service provider und access provider. Erwartet man nun, daß
die neuen deutschen Gesetze diese Unterscheidung aufnehmen, sieht man sich
getäuscht. Einheitlich als "Anbieter" bzw. "Diensteanbieter"
wird bezeichnet, wer eigene oder fremde Dienste zur Nutzung
"bereithält" (§ 3 Nr. 1, 1. Alt. TDG / MDStV).
Diese Formulierung ist unglücklich undifferenziert. Sie erfaßt
zunächst die "schöpferische Quelle" eines Inhalts, also dessen Autor
/ Urheber(14). Dies ergibt sich unzweifelhaft
aus § 5 I TDG / MDStV, der die Verantwortlichkeit des
Autors regelt und ihn dabei als Anbieter bezeichnet. Ebenso Anbieter ist die
"technische Quelle"(15) von Inhalten,
also derjenige, auf dessen Server sich Inhalte befinden und dort abgerufen
werden. Dies ergibt sich aus § 5 II TDG / MDStV, der
auf die technische Möglichkeit abstellt, Nutzungen zu verhindern. Dabei wird
vorrangig(16) an den Betreiber des
Speichermediums gedacht sein. Beide beschriebenen Akteure sind also
(Dienste-)Anbieter iSd § 3 TDG / MDStV
und unterliegen gleichen Pflichten.
Auch wer als bloßer Zugangsvermittler
("gate keeper")
im Internet auftritt(17), ist Diensteanbieter iSd § 3 Nr. 1, 2.
Alt. TDG / MDStV, obwohl die reine Zugangsvermittlung
kein Dienst iSv § 2 TDG / MDStV
ist. Die beschriebenen Funktionen müssen nicht von einer Person wahrgenommen
werden(18). Eine bestimmte Angebotsseite im WWW
kann also drei Anbieter iSd Gesetzes haben. Dieser
einheitlich-weite Anbieterbegriff führt bei der Regelung der Verantwortlichkeit
zu großen Problemen (s.u. 3. a.), die in der
bisherigen Diskussion noch nicht erörtert wurden.
II. Zugangsfreiheit nach § 4 TDG / MDStV
Die grundsätzliche Zugangsfreiheit für
Teledienste und Mediendienste in § 4 TDG / MDStV
enthält durch den Zusatz "im Rahmen der Gesetze" ein Einfallstor für
nachträgliche Beschränkungen. So scheint es nicht ausgeschlossen, daß selbst ein einzelnes Land in einem Landesmediengesetz
doch noch aus medienrechtlichen Erwägungen Zulassungspflichten statuiert, die
dann zum A Rahmen der Gesetze" gehörten(19).
Gleiches ist von seiten des Bundes für die
Teledienste etwa in Gestalt besonderer gewerberechtlicher Anzeige- oder
Zulassungsmodalitäten denkbar.
Im Zuge der fortschreitenden technischen
Konvergenz werden Internetdienste mehr und mehr dem Rundfunk eigene
"Fesselungswirkung"(20) entfalten.
Für die Zulassungsfreiheit dieser Dienste im Grenzbereich zwischen
Mediendiensten und Rundfunk stellt § 20 II des neuen Rundfunkstaatsvertrages
eine Gefahr dar: Danach können die Landesmedienanstalten einstimmig feststellen,
daß ein Dienst Rundfunk ist - mit der Konsequenz, daß eine rundfunkrechtliche Zulassung erforderlich wird.
So droht das weite Tor der Zugangsfreiheit
durch Regelungen außerhalb von TDG / MDStV Stück für
Stück zugemauert zu werden.
III. Verantwortlichkeit nach § 5 TDG / MDStV
Während andere Multimediadienste, die vom
TDG und MDStV erfaßt
werden, den Verantwortlichen leicht erkennen lassen, bedarf es im bezug auf das Internet, v.a. die
Dienste World Wide Web und Newsgroups
einer genaueren Untersuchung. Einmal - von wem auch immer - ins Netz gestellt,
kann ein Inhalt sofort und ohne Aufwand weltweit abgerufen, zitiert, verschoben
oder kopiert werden. Er geht also durch viele Hände. Wer soll dafür
verantwortlich sein ?
1. Allgemeine Verantwortlichkeit nach § 5
I - III 2 TDG / MDStV
§ 5 I-III 2 TDG / MDStV
scheint ein nachvollziehbares System gestufter Verantwortlichkeit aufzubauen:
Ohne spezielle Tatbestandsvoraussetzungen oder Rechtsfolgen einer zivil- bzw.
strafrechtlichen Haftung selbst zu normieren, trennt die Vorschrift die Frage
der "Verantwortlichkeit" von den allgemeinen Bestimmungen ab und
macht sie zur spezialgesetzlich geregelten Vorfrage.
§ 5 III 1 TDG / MDStV
entbindet den Zugangsvermittler, der nach allgemeinen Regeln möglicherweise
auch kausale Ursachen für Rechtsverstöße setzt, von der Verantwortlichkeit(21). Der content provider (="schöpferische Quelle") haftet für
eigene Inhalte nach § 5 I TDG / MDStV. § 5 II TDG / MDStV normiert für den Anbieter, der fremde Inhalte zur
Nutzung bereithält, eine (eingeschränkte) Garantenpflicht(22),
die sonst nicht bestünde(23).
a. Wann liegt ein "Bereithalten
fremder Inhalte" iSd § 5 II TDG / MDStV vor ?
aa. Nach einem technischen Verständnis hält derjenige
fremde Inhalte zur Nutzung bereit, der auf seinem
Speichermedium Inhalte abrufbar hält, deren Autor er nicht selbst ist(24). Diesem Sichtweise rezipiert
auch das Gesetz: Der Betreiber des betreffenden Servers bzw. Speichermediums
ist danach verantwortlicher Anbieter iSd §§ 3 Nr. 1,
5 II TDG / MDStV auch wenn er selbst keine eigenen
Inhalte anbietet(25).
bb. Das Informationsmedium Internet zeichnet sich
jedoch gerade dadurch aus, daß der physische Ort
einer Information für die Nutzung völlig irrelevant ist. Nicht nur durch das
hardwaremäßige Vorhalten fremder Inhalte auf einem Speichermedium, sondern
gerade durch die Aufnahme fremder Inhalte durch Querverweise (Hyperlinks) auf
andere Adressen im WWW hält ein Anbieter fremde Inhalte zur Nutzung bereit.
Ähnlich einem Zitat erhält der Nutzer die Gelegenheit, sich aus einer
zustimmenden, widersprechenden oder vertiefenden Quelle weiter zu informieren.
Er muß sich diese nur nicht erst umständlich
beschaffen, sondern ruft sie durch bloßes Anklicken auf seinen Bildschirm(26). Da das Gesetz nur das Bereithalten fremder
Inhalte als Tatbestandsmerkmal des § 5 II TDG / MDStV
nennt, unterliegt de lege lata auch der content provider für die -fremden(27)- Inhalte, auf die er "linkt", dieser
Haftung. Denn er hält sie für den Betrachter seines eigenen Angebots zur
Nutzung bereit, wird also nach dem Gesetz (§ 3 TDG / MDStV)
zu deren (Mit-)anbieter. Besonders deutlich wird dies
am Beispiel der "Frames". Hier bleibt der
Benutzer optisch auf der Angebotsseite des Verweisenden. Der per Hyperlink
angeklickte (fremde) Inhalt wird lediglich in einem separaten Rahmen innerhalb
dieser Ausgangsseite dargestellt, d.h. der fremde Inhalt wird durch den
Hyperlink unmittelbar zur Nutzung, also zum Lesen, Kopieren etc.
bereitgehalten(28), zu ihm wird nicht etwa nur
der Zugang eröffnet (§ 5 III TDG / MDStV, s.u. (3)). Diese Konstellation zeigt einen
Anwendungsbereich des § 5 II TDG / MDStV, der weit
über das erwartete (s.u. (1)) Maß hinausgeht (s.u. (2)). Sie scheint dem Gesetzgeber gar nicht, dem
Schrifttum bisher nur vereinzelt(29)
aufgefallen zu sein.
(1) In bestimmten Fällen kann sich die
Verantwortlichkeit eines Inhalteanbieters, der in
seinem WWW-Angebot einen Hyperlink auf einen anderen domain-name
setzt, nach § 5 I TDG / MDStV richten und zwar dann,
wenn dieser Vorgang als ein "sich zueigen machen" des fremden Inhalts
zu werten ist(30). Statt eines Links auf eine
anderswo auffindbare Bombenbauanleitung hätte der Anbieter sie genauso gut selbst
abschreiben und als Text statt als Hyperlink auf seiner Seite präsentieren
können(31). Wie wäre es allerdings, wenn ein
(angeblicher) Bombengegner als "abschreckendes Beispiel" einen
Hyperlink auf eine Bauanleitung setzte ?(32)Ob ein "sich zueigen machen" vorliegt,
wird also vielfach nach subjektiven Kriterien bestimmt werden müssen.
(2) In den meisten Fällen dienen
Hyperlinks nur dem leichteren Auffinden themenverwandter fremder Inhalte für den
Nutzer. Diese millionenfachen Querverweise machen die Benutzerfreundlichkeit
des WWW aus, dem ein zentrales Inhaltsverzeichnis gerade fehlt. Ohne sich die
Inhalte, auf die er linkt, geistig zurechnen lassen zu wollen, bietet der
Anbieter dem Nutzer die systemimmanente Möglichkeit, auf dem ganzen Globus zu
"surfen". Grundsätzlich wird also eher an eine Anwendung des § 5 II
TDG / MDStV zu denken sein, wenn es um die
Verantwortlichkeit für Hyperlinks geht.
Damit sind Inhalteanbieter,
die die Querverweismöglichkeiten des Internets nutzen, wollen sie einer
Verantwortlichkeit entgehen, großteils auf die "Zumutbarkeitsklausel"
des § 5 II 2. HS TDG / MDStV verwiesen (s.u. b). Diese sich aus dem TDG / MDStV
ergebende Situation birgt Haftungsgefahren für eine Vielzahl von Anbietern, die
zur Kultur und Entstehungsgeschichte des Internet in Widerspruch stehen. Es ist
Teil der Tradition des Internets als offenes Kommunikationsmedium, die
Auseinandersetzung - auch mit unerwünschten ggf. sogar in Deutschland
strafbaren Inhalten - nicht im Wege des ATodschweigens",
sondern im Wege der Schaffung eines offenen Amarket place of ideas" auszutragen.
Wie selbstverständlich wird daher im Internet regelmäßig auf Angebote total
konträrer Auffassung verwiesen, damit der Nutzer sich ein Bild von der
Gegenmeinung machen kann(33). Das System der
Hyperlinks ist Ausdruck der internettypischen Dezentralisierung der
Anbieterrolle. Das Informationsangebot im Internet zeichnet sich eben - im
Gegensatz zu herkömmlichen Medien - nicht dadurch aus, daß
wenige Anbieter besonders gut, glaubhaft, umfassend und pluralistisch
informieren, sondern jeder etwas als Teil eines globalen und vernetzten
Gesamtinformations- und Meinungsmosaiks beitragen kann. Die Schnittstellen zwischen
den Mosaikteilchen mit einer (wenn auch eingeschränkten)
Inhaltsverantwortlichkeit zu belasten, verkennt die Besonderheiten des Internet
und wird außerhalb Deutschlands auf wenig Zustimmung stoßen, beraubt es doch
das Internet zu einem Gutteil des Merkmales "Inter". Darüber hinaus
bewirkt eine solche Verantwortlichkeitsregelung einen
"Domino-Effekt". Darf ein Anbieter in Deutschland also keinen
Hyperlink mehr auf die Seite der Nizkor-Organisation(34) setzen, weil er weiß(35),
daß von dort aus auch auf Zündel
gelinkt wird und dieses Angebot rechtswidrige Inhalte enthält? Zugespitzt:
Jeder durchschnittlich sachkundige Internetanbieter weiß, daß
im WWW idealiter jede Seite von jeder Seite aus
erreichbar ist(36). Dies ist das Wesen des
Internet als offenes Netz. Jedermann, der Links in sein Angebot einbaut, hielte
- nimmt man das TDG wörtlich - jedenfalls bedingt vorsätzlich(37)- auch rechtswidrige fremde Inhalte zur Nutzung
bereit(38). Zwar werden dem Verweisenden in
aller Regel die konkreten Inhalte der zweiten oder dritten Verweisungsebene
nicht mehr positiv bekannt sein, die Verantwortlichkeit jedoch bloß von diesem subjektiven
und schwer beweisbaren Merkmal abhängig zu machen, birgt Risiken für die Interkonnektivität des Netzes.
Nimmt man die internationale Dimension des
Problems in den Blick, so zeigt sich, daß keineswegs
durchgehend die Verantwortlichkeit nach § 5 II TDG / MDStV
nur eine subsidiäre(39) ist: Ein Deutscher, der
in sein Angebot einen Hyperlink auf die Zündel-Seiten in Kenntnis deren Inhalts
einstellt, ist, weil Zündel von deutschen Behörden
nicht durchsetzbar zu belangen ist, sofort verantwortlich - völlig unabhängig
davon, ob der Deutsche sich die Zündel-Inhalte zueigen macht (§ 5 I TDG / MDStV) oder nicht. Dies gilt - wendet man hier
strafrechtliche Irrtumsregeln an - auch dann, wenn der deutsche Verweisende
zwar den Inhalt der Seiten kennt, auf die er linkt, aber nicht weiß, daß dieser Inhalt (in Deutschland!) verboten ist (s. auch
u. 5.b.).
(3) Nicht zu entschärfen ist das
Damoklesschwert des § 5 II TDG / MDStV durch die
Vorschrift des § 5 III 1 TDG / MDStV. Zwar schafft
ein Inhalteanbieter, der die Adresse, hinter der sich
ein fremder Inhalt verbirgt, zum Anklicken in sein Dokument einstellt, eine
Zugangsmöglichkeit zu diesem fremden Inhalt. Nach der Gesetzesbegründung soll
aber nur derjenige Akteur nicht verantwortlich sein, der fremde Inhalte zum
abrufenden Nutzer Adurchleitet". Dieser Regelung
liegt eine technische Betrachtungsweise (s.o. aa) zugrunde, nach der das bloße Eröffnen von
Übertragungskapazität (access provider,
gate keeper, ggf.
Hersteller von Browsersoftware), der mit Inhalten nichts zu tun hat, keiner
Inhaltsverantwortlichkeit unterliegen soll. Die Regelung hilft daher demjenigen
Inhaltsanbieter, der Hyperlinks setzt, nicht(40).
(4) Ein auch inhaltliches Verständnis des
"Bereithaltens fremder Inhalte" in § 5 II TDG / MDStV
zeigt die Grenzen des Systems der abgestuften Verantwortlichkeit bei der
Verweisung auf ausländische Angebote, hemmt die Interkonnektivität
des Netzes und zeigt fatale Folgen für den besonderen Charakter des Internet,
speziell des WWW, als offenes Kommunikationsmedium. Andererseits ist eine
Beschränkung dieser Vorschrift auf die technische Sichtweise (s.o. aa) im Gesetzeswortlaut
nicht angelegt. Sie wäre auch nicht systemkonform: Soll § 5 TDG / MDStV den "Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit der Diensteanbieter" klarstellen(41),
so wäre es unverständlich, den technisch-speichermäßigen
"Gastgeber"(42) der rechtswidrigen bits und bytes, nicht aber den
direkt vorsätzlich auf rechtswidrige Inhalte verweisenden Urheber des
Hyperlinks verantwortlich zu machen.
b. Wann ist es technisch möglich und
zumutbar, eine Nutzung zu verhindern ?
Große Bedeutung wird nach dem o.G. der "Zumutbarkeitsklausel" des § 5 II 2. HS
TDG / MDStV zukommen. Über ihre Bedeutung besteht
jedoch sowohl zwischen Bund und Ländern(43) als
auch in der Praxis Unklarheit.
aa. technische Möglichkeit, eine Nutzung zu
verhindern
(1) Nach einem inhaltlichen Verständnis des
"Bereithaltens fremder Inhalte" (s.o. a. bb.) stellt die technische Möglichkeit, eine Nutzung zu
verhindern, prima vista kein Problem dar. Ein Anbieter, der in sein Angebot
einen Hyperlink einsetzt, der auf verbotene Inhalte verweist, ist jederzeit in der
Lage, diesen Hyperlink zu entfernen.
Festzuhalten ist dabei jedoch, daß dies nicht zu einer wirklichen Verhinderung der Nutzung
des betreffenden Angebots führt, weil angesichts des hohen Vernetzungsgrades
des WWW mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das fragliche Angebot
auch über einen woanders befindlichen Hyperlink erreicht werden kann.
(2) Nach der technischen Betrachtungsweise
(s.o. a. aa.) muß es dem Betreiber eines Speichermediums technisch
möglich sein, die Nutzung der fraglichen fremden Inhalte zu verhindern, damit
ihn eine Verantwortlichkeit iSd § 5 II TDG / MDStV treffen kann. Während die Bundesregierung
augenscheinlich damit rechnet, daß dem
verantwortlichen Anbieter die Sperrung bestimmter Arten von Telediensten gar
nicht möglich ist(44), geht der Bundesrat davon
aus, daß Aes in der Regel
technisch möglich und zumutbar ist, die Nutzung von bereitgehaltenen strafbaren
Inhalten zu verhindern". Ein anderweitiges Ergebnis könne nur "in
extremen Ausnahmefällen" denkbar sein(45).
Die Einschätzung des Sprechers des Deutschen Forschungsnetzes verdeutlicht das
mangelnde Verständnis von Bundesregierung und Bundesrat für das
Internet: Zwar kann ein Anbieter bestimmte Adressen sperren. Eine wirksame
Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts mit der Wirkung, daß
keiner (oder kein Deutscher ??) auf diesen bestimmten
Inhalt weiterhin Zugriff hat, durch einen Web-Server sei aber technisch
nicht möglich(46)
bb. Zumutbarkeit, eine Nutzung zu verhindern
Die Bundesregierung versteht unter
"Zumutbarkeit" in erster Linie die Verhältnismäßigkeit des zur
Sperrung zu betreibenden technischen Aufwands. So müßten
Kriterien wie der zu erwartende Umfang der Sperrung, der damit verbundene
wirtschaftliche Nachteil für den Teledienst und die Schwere der
Rechtsbeeinträchtigung durch den betreffenden Inhalt gegeneinander abgewogen
werden(47). Der Bundesrat geht von einem
ähnlichen Verständnis aus, will aber Unzumutbarkeit nur in "extremen
Ausnahmefällen" annehmen, z.B. dann, wenn die Nutzung eines bestimmten
Inhalts nur durch die vollständige Einstellung eines (im übrigen
unbedenklichen) Teledienstes verhindert werden kann(48).
Ganz anders wurde in der Praxis die
"Zumutbarkeit" verstanden: So hielt der Sprecher des Deutschen
Forschungsnetzes die Aufrechterhaltung einer (seiner Ansicht nach unwirksamen)
Sperrung (s.o. aa (2))
deshalb für unzumutbar, weil er aus dem Internet mit einer Flut von Protesten
und Beschimpfungen konfrontiert worden sei(49).
Nutzer, Anbieter und Investoren sehen sich auch hier auf eine gerichtliche
Klärung verwiesen.
c. Zusammenfassend läßt
sich sagen, daß die Regelung der Verantwortlichkeit
in § 5 I-III 2 TDG / MDStV unklar und international
kaum durchsetzbar ist. Sie verkennt die Besonderheiten des Internet,
insbesondere dessen dezentralisierte Anbieterstruktur. Eine Verantwortlichkeit
für gesetzte Hyperlinks sollte, wenn überhaupt, nur in den Fällen zu bejahen
sein, in denen sich der Verweisende den fremden Inhalt "zueigen
macht". Wären die Gesetzgeber von einer angemessenen Betrachtungsweise
ausgegangen, wäre ihnen aufgefallen, daß der enormen
Informationsfülle des Internet die Struktur eines vernetzten Mosaiks zugrundeliegt. Aus dem Internet wahre, ausgewogene und
nicht rechtswidrige oder unsittliche Inhalte zusammenzustellen, ist nicht in
erster Linie die Verantwortung des Anbieters, sondern des Nutzers. Ihn hätte
eine systemkonforme Verantwortlichkeitsregelung stärker in den Blick nehmen
müssen(50).
2. Verantwortlichkeit gem. § 5 IV TDG, §§
5 III 3, 18 III MDStV
Unklarheiten ergeben sich auch bei der
Gegenüberstellung der präventiven Inhaltskontrollmöglichkeiten im TDG und im MDStV. § 5 III 1. HS TDG enthält eine
Unbeschadetheitsklausel zugunsten der Aallgemeinen
Gesetze". Hierdurch verweist die Vorschrift hinsichtlich
verschuldensunabhängiger Verpflichtungen zur Sperrung von Inhalten auf die
"allgemeinen Vorschriften über die Verpflichtung des Störers zur
Unterlassung bzw. Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung oder der Verletzung privater Rechte"(51).
Hier wird zumindest auch das allgemeine Polizeirecht in Bezug genommen, das den
allgemeinen Polizei-/Ordnungsbehörden die Befugnis verleiht, den Störer zur
Unterlassung bzw. Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit oder
Ordnung (vgl. z.B. §§ 1,3 PolG BW) oder der
Verletzung privater Rechte (vgl. z.B. § 2 II PolG BW)
zu verpflichten. Störer in diesem Sinne kann nicht nur der Anbieter von
Telediensten, sondern - weil § 5 IV 1. HS TDG insoweit die abgestufte
Verantwortlichkeit der Absätze 1-3 öffnet - auch der bloße Zugangsvermittler(52) und überhaupt jeder sein, der nach allgemeinem
Polizeirecht für die Störung verantwortlich ist. Auf die technische Möglichkeit
und Zumutbarkeit der Sperrung kommt es dabei nur im Rahmen der allgemeinen
Verhältnismäßigkeitsanforderungen an.
Der Anbieter von Mediendiensten unterliegt
dagegen gefahrenabwehrrechtlich dem § 18 MDStV, der
in seinem Absatz 2 ein spezielles Instrumentarium vorsieht und in Absatz die
Behördenzuständigkeit spezialgesetzlich regelt. Aus § 18 III MDStV ergibt sich weiter, daß bei
Vorliegen eines Mediendienstes grundsätzlich auch gefahrenabwehrrechtlich an
der Verantwortlichkeitsregelung des § 5 I - III 2 MDStV
/ TDG festgehalten wird, und der bloße Zugangsvermittler auch hier nur
subsidiär und bei Zumutbarkeit der Sperrung, gleichsam als Nichtstörer(53), herangezogen werden kann. Nicht nur die
unterschiedliche Behandlung von Tele- und Mediendiensten, auch die zu
erwartende Wirkungslosigkeit derartiger Sperrungsanordnungen(54) zeigen, daß diese
Vorschriften nicht den Gegebenheiten des Internet angepaßt
sind.
IV. Die Übernahme presserechtlicher Vorschriften im
MDStV
Einige Regelungen, die auch für das
Internet bedeutsam werden können, entlehnt der MDStV
dem Presserecht. Wiederum ergeben sich Zweifel, ob diese Methode den
Besonderheiten des Internet und v.a. seinem
internationalen Charakter Rechnung trägt.
1. "anerkannte journalistische
Grundsätze"
§ 7 II 1 MDStV
verlangt z.B. auch von einem moderierten Teleshopping-Angebot die Einhaltung(55)der "anerkannten journalistischen
Grundsätze"(56). Die gleiche Bindung gilt
für Dienste nach § 6 II MDStV. Darunter fallen nicht
nur die "elektronisierte"(57) Presse
(§ 6 II 1, 1.HS, 1. Alt. MDStV), sondern auch gem. §
6 II 1, 1. HS, 2. Alt. MDStV alle Angebote, in denen
"in periodischer Folge Texte verbreitet werden". Dies erfaßt z.B. mailing lists, sofern sie gem. § 2 MDStV
Mediendienste sind - egal, ob sie gewerbsmäßig oder privat betrieben werden.
Aber auch, wem es beliebt, im Internet sein Tagebuch, das er periodisch
aktualisiert, an die Allgemeinheit zu verbreiten, hat die "allgemeinen
journalistischen Grundsätze" zu beachten.
2. Gegendarstellungspflicht
Genauso wie der Tagebuchautor (s.o. a.) unterliegt ein notorischer Nörgler, der täglich
per offenem Brief im Internet über Personen des
öffentlichen Lebens herzieht, außerdem der presserechtlichen
Gegendarstellungspflicht des § 10 MDStV. Er hat aber
im Gegenzug wenigstens gem. § 11 I MDStV ein
Auskunftsrecht gegenüber Behörden.
3. Anbieterkennzeichnung
Die in § 6 II MDStV
erfolgte Übertragung deutscher Impressumsvorschriften auf alle Mediendienste,
die periodisch Texte verbreiten, mag in Deutschland durchsetzbar sein. Es wird
verlangt, daß die Anbieter einen Verantwortlichen
angeben, der seinen ständigen Aufenthalt im Inland hat (§ 6 II 2 Nr. 1 MDStV). Angesichts der Tatsache, daß
der weitaus überwiegende Teil der im Internet erhältlichen elektronischen
Presse ausländischer Provenienz ist - gerade deren inländischer Nutzer
profitiert von der neuen Verbreitungsform Internet !
-, befremdet die Selbstverständlichkeit, mit der die Länder das weitgehende
Leerlaufen ihrer Regelungen hinnehmen(58).
V. Ordnungswidrigkeiten
Fast alle materiellen Regelungen des MDStV sind durch § 20 MDStV
sanktionsbewehrt(59) durch Geldbußen bis zu
500000.- DM. Wiederum müssen bei der rechtlichen Bewertung dieser Regelung die
Verantwortlichkeitsverteilung des § 5 TDG / MDStV,
der undifferenzierte Anbieterbegriff des § 3 Nr. 1 TDG / MDStV,
sowie der internationale Charakter des Internet in den Blick genommen werden.
1. undifferenzierter Anbieterbegriff
Wegen des undifferenzierten
Anbieterbegriffs des TDG und des MDStV (s.o.I.) entstehen sanktionsbewehrte Pflichten, denen
entweder nur die "schöpferische Quelle"(60)
oder nur die "technische Quelle"(61)
des Angebots nachkommen kann. So kann der Autor von Angeboten nach § 8 III MDStV die dort verlangten "Vorkehrungen" gar
nicht treffen(62). Er ist aber gem. § 5 I MDStV als Anbieter eigener Inhalte primär, auch bzgl. der
Ordnungswidrigkeit des § 20 I Nr. 6 MDStV,
verantwortlich. Andersherum ist es zweifelhaft, wie der Betreiber des
Speichermediums, der für den fremden Inhalt gem. § 5 II MDStV
verantwortlich ist, - außer durch die völlige Entfernung des betreffenden
Angebots(63) - verhindern soll, daß ein Autor die Inanspruchnahme seines Mediendienstes
entgegen § 13 I 1 MDStV nicht anonym oder unter
Pseudonym ermöglicht.
2. Verantwortlichkeit inländischer
Anbieter bei Unerreichbarkeit ausländischer Anbieter
Daß die Verantwortlichkeit des § 5 MDStV
keineswegs so "abgestuft" ist, wie vorgegeben zeigt sich auch im
Hinblick auf die Ordnungswidrigkeiten. Benennt ein ausländischer Anbieter einer
von einem deutschen Server(64) abrufbaren
Online-Zeitung (§ 6 II MDStV) keinen Verantwortlichen
mit ständigem Aufenthalt in Deutschland, so handelt er seiner Pflicht aus § 6
II MDStV zuwider und verhält sich ordnungswidrig gem.
§§ 5 I, 20 I Nr. 1 MDStV, 7 OWiG,
sofern er Vorsatz (§ 10 OWiG) hatte. Ebenso besteht
aber auch die Möglichkeit, sollte der ausländische Anbieter nicht effektiv
belangt werden können, den deutschen Serverbetreiber in Anspruch zu nehmen.
Auch er ist als "technische Quelle"(65)
Anbieter iSd §§ 5 II, 20 I Nr. 1 MDStV.
Ob er Bußgeld zahlen muß, hängt also lediglich von
der
"Zumutbarkeitsklausel" des § 5 II MDStV mit
ihren Beweis- und Auslegungsproblemen (s.o. III. 1.
b) ab.
VI. Fazit
Die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen
TDG und MDStV vermindern die Rechts- und
Planungssicherheit für die Akteure im Internet. Die Unklarheiten, die sich im
Bezug auf die Verantwortlichkeit von content providern gem. § 5 II TDG / MDStV
aus der Gesetzesfassung ergeben, bergen Risiken für das Wesen und die Interkonnektivität des Internet. Die strenge Haftung von
Anbietern nach § 5 I TDG / MDStV ist gegenüber
ausländischen Inhalten kaum durchsetzbar, es sei denn, Deutschland will
Internetsünder tatsächlich bei einer Einreise mit dem Haftbefehl empfangen(66). Die bloße Übertragung presserechtlicher
Vorschriften auf das Internet in §§ 6 ff. MDStV wird
den Besonderheiten des neuen Mediums nicht gerecht.
Es zeigt sich auch an der rasanten
technischen und ökonomischen Weiterentwicklung seiner Nutzungsmöglichkeiten(67), daß eine wirksame
Inhaltskontrolle im Internet kaum durch hoheitliche Regelung allein(68), noch weniger im nationalen Alleingang(69) und v.a. nicht durch
eine bloße Übertragung überkommener Regelungsinstrumente(70)
möglich ist. Die Regelungen bringen zahlreiche Risiken für Aunschädliche"
Anbieter mit sich und machen es im Gegenzug den Aschwarzen Schafen" kein bißchen schwerer, sich einer Inhaltsverantwortlichkeit zu
entziehen. Nun ist zunächst ein zügiges Verfahren zu fordern, in dem der
Anbieter die Einordnung seines Dienstes unter das TDG oder den MDStV behördlicherseits feststellen lassen kann(71). Ansonsten bleibt zu hoffen, daß
Behörden und Gerichte die Regelungen zurückhaltend anwenden und einstweilen die
- sicher eintretende - disziplinierende Wirkung abwarten, die die neuen Regelungen
auf die Anbieter haben. Möglicherweise erweisen sich die Vorschriften so - als
Anregung zur Selbstkontrolle - doch als hilfreich.
Es verwundert auch nicht, daß - angeblich - erste Gesetzesänderungen zum TDG bereits
Ain der Schublade" vorhanden sind, bevor die Erstfassung in Kraft getreten
ist. Trotzdem wird es so sein, wie fast immer in der Rechtsmaterie Medienrecht:
Das eine regelt der Bund, das andere regeln die Länder, und das meiste regelt
das Leben(72).
1. Andreas v. Bonin nimmt bis Mitte 1998 am LL.M. Programm der Columbia
University New York, Oliver Köster an einem LL.M.
Programm in Queen Mary, London, teil .
2. Vgl. Bullinger, Ordnung oder Freiheit für Multimediadienste ?,
JZ 1996, 385.
3. Das Internet ist technisch
nur ein Sammelbegriff für den Datentransfer, der nach einem bestimmten
Übertragungsprotokoll erfolgt. Als Internet wird aber heute darüberhinausgehend
auch das durch die Vernetzung von Computern entstandene Kommunikationsmedium
bezeichnet. So soll der Begriff auch hier verstanden werden. Zum Begriff
"Internet" vgl. Ladeur ZUM 97, 372 (377) mwN.
4. Das TDG des Bundes
ist am Freitag, 13.6.97 vom Bundestag beschlossen worden. Alle Angaben in
diesem Beitrag beziehen sich auf die Fassung des TDG-Entwurfs
vom 9.4.97 (BT-Drs. 13 / 7385). Der MDStV der Länder hat das Ratifizierungsverfahren
durchlaufen und soll -zeitgleich mit dem TDG- am 1.8.97 in Kraft treten. Die
Paragraphenangaben beziehen sich auf die Fassung in GBl.
BW 1997, 181ff.
5. Dieser Dienst wirft
wegen seiner weitgehenden Funktionsgleichkeit mit
Telefon- oder Briefkommunikation im hier zu erörternden Kontext keine
wesentlichen Probleme auf. Zur Funktionsweise vgl. Krol,
Die Welt des Internet, Bonn 1995, S. 117 ff.
6. Das File Transfer Protocol (FTP) erlaubt die Übertragung von Dateien (z.B.
Texte, Programme) von einem Computer auf den anderen, vgl. Krol
aaO, S. 77 ff.
7.
"Gruppendiskussionen", bei denen die Benutzer Nachrichten anderer
Teilnehmer lesen oder selbst Nachrichten senden können. Die Nachrichten werden
in thematisch gegliederten Foren ausgetauscht. Vgl. Langham,
Email und News, München / Wien 1993, S. 15.
8. Ein Abrufdienst für
Dokumente, die beliebig gestaltbare Text-, Ton- oder Bilddarstellungen, sowie
durch Anklicken zu nutzende Querverweise zu anderen Dokumenten enthalten
können, vgl. Hoeren, NJW 1995, 3595.
9. Darin sind sich die
Experten weitgehend einig, vgl. die schriftlichen Stellungnahmen zur Anhörung
des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung
am 15.5.97 in Bonn unter http://www.bundestag.de;
zuletzt Ladeur aaO, S. 382
ff.; aA Engel-Flechsig ZUM
97, 231 / 237, wohl auch Kuch ZUM 97, 225f. Zu den
kompetenzrechtlichen Vorgaben umfassend Bullinger
/ Mestmäcker, Multimediadienste, Baden-Baden
1997.
10. Vgl. die
Zugangsfreiheit in § 4 und die Verantwortlichkeit in § 5 I-III 2 TDG / MDStV.
11. Engel-Flechsig aaO, S. 235 stellt
fest, daß unter § 2 II Nr. 3 TDG nicht das Internet
selbst falle, möchte aber Homepages unter § 2 II Nr. 2 TDG fassen.
12. vgl. Engel-Flechsig aaO, 234
14. Meist als "content provider"
bezeichnet.
15. Meist als "service provider"
bezeichnet, wenngleich das Zurverfügungstellen von
Speicherplatz für Inhalte nur einer von zahlreichen "services"
ist, besser sollte funktionsgerecht von "server"
gesprochen werden.
16. Dies ergibt sich
aus der Gesetzesbegründung zu § 5 II TDG (BT-Drs. 13
/ 7385, S. 20), sowie aus 4. b. der Stellungnahme des Bundesrats (aaO, S. 51).
17. AOL, Compuserve, T-Online sowie die deutschen Universitäten als
wichtigste Zugangsvermittler sind daneben auch Inhalteanbieter
("schöpferische Quelle") und Serverbetreiber ("technische
Quelle"), Dienste wie MetroNet u.a. verschaffen ausschließlich den Internetzugang.
18. Siehe o. FN 15,
ferner Ladeur aaO, S. 377.
19. Bullinger, Schriftliche Stellungnahme zur unter FN 8
genannten Anhörung.
20. Bullinger / Mestmäcker FN 8, S.
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21. Hier dürfte in
erster Linie der Grund für die Zustimmung der großen Online-Anbieter zum TDG
liegen. Diese verkennt jedoch u.E. sowohl den weiten
Anwendungsbereich des MDStV und damit die Regelung
der §§ 5 III 2, 18 III MDStV, sowie den Verweis auf
allgemeine Vorschriften in § 5 IV TDG s.u. 2.).
22. Er muß sich der Unbedenklichkeit der fremden Inhalte
versichern.
23. vgl. Sieber JZ 96, 494 / 502.
24. Auf einem Compuserve -Rechner ist eine private Homepage gespeichert,
die rechtswidriges Material enthält.
25. Von diesem
technischen Verständnis gehen ersichtlich Bundesregierung und Bundesrat aus,
vgl. FN 14.
26. Mittlerweile gibt
es zahlreiche Suchmaschinen, die das Auffinden von genauen Seiten nach
Schlagwort ermöglichen, jedoch den Vorteil der Vernetzung durch Hyperlinks
nicht überflüssig machen.
28. Vereinzelt mag
darin ein "sich zueigen machen" des fremden Inhalts liegen (s.u. (1)). Eine ähnliche Problematik besteht beim sog.
"Inline"-Link, wo ggf. nur ein bestimmter
Teil der fremden Seite auf die eigene geholt wird. Dieser Vorgang war in den
USA bereits Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, vgl. http://rp-online.de/multimedia/a-z/online/links.shtml.
29. Engel AfP 96, 220 / 226 beschreibt die Problematik als
"Zugangsverschaffung", konnte jedoch wohl die erst im Mai 1996 bekanntgewordenen Entwürfe zu § 5 TDG nicht zugrunde legen;
wohl wie hier Hoeren, Rechtsfragen des Internet, S.
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30. Gesetzesbegründung
der Bundesregierung, BT-Drs. 13 / 7385, S. 19. So
wurde der PDS-Politikerin Angela Marquardt von seiten
der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sie habe sich den Inhalt der verbotenen
Zeitschrift "Radikal" durch Setzen eines dorthin führenden Links auf
ihrer Homepage zueigen gemacht.
31. Wie dieser Vorgang
marken- und urheberrechtlich zu werten wäre, wird diskutiert (vgl. nur Schwarz,
Recht im Internet, Stadtbergen 1997; Ernst NJW-CoR
97, 224 jeweils mwN; Russell u.a.Hyperlinks:
Are they legal ? http://rmmb.co.nz/ipdec96.html), mag
aber hier dahinstehen.
32. Frau Marquardt
hatte sich im in FN 27 geschilderten Fall auf ihrer Homepage von
"Radikal" distanziert.
33. So verweist das
Angebot der Organisation jüdischer Holocaust-Opfer (Nizkor,http://www.nizkor.org/other-sites/correspondence/zuendelsite/)
per Hyperlink auf die (in Deutschland strafbare) Homepage des Nazis Ernst Zündel (http://www.webcom.com/~ezundel/english/welcome.html).
35. Am von § 5 II TDG
/ MDStV vorausgesetzten dolus
directus II (sicheres Wissen, positive Kenntnis) kann
nicht gezweifelt werden.
36. Dies gilt selbst
dann, wenn man sich im Netz nur über Hyperlinks und nicht über die vielerorts
implementierten Suchmaschinen bewegt. Vgl. auch Ladeur
aaO, S. 377.
37. Nötig ist dafür
nur, daß der Verweisende die Erreichbarkeit
rechtswidriger Inhalte "für möglich hält und sich damit abfindet".
Dies reicht wohl nach dem Gesetzeswortlaut ("Kenntnis haben") für
eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus. Anders deutbar aber insoweit
Engel-Flechsig aaO, S. 235,
der nur von "vorsätzlich" spricht.
38. Angesichts des
schnellen Wechsels des hinter einem domain name verborgenen Angebotes hält es außerdem jedermann für
möglich und findet sich damit ab (bedingter Vorsatz !),
daß die Seite, auf die er linkt, jederzeit einen
rechtswidrigen Inhalt bekommen kann.
39. Nach der
Gesetzesbegründung BT-Drs. 13 / 7385, S. 20 bleibt
auch dann, wenn ein Diensteanbieter fremde Inhalte in
sein Angebot einstellt, Ain erster Linie der Urheber für diese Inhalte
verantwortlich" - freilich ohne daß diese
Subsidiarität ausdrücklich im Gesetz verankert wäre.
40. A.A. wohl Koch,
Kann der Mediendienstestaatsvertrag das neue
Online-Recht wirksam regeln ?, NJW-CoR
online, 29.6.97, http://www.beck.de/njw-cor/.
41. Gesetzesbegründung
BT-Drs. 13/7385, S. 19.
43. Trotz gleichlautender Formulierung in TDG und MDStV.
44.
Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13 / 7385, S. 20.
45. Stellungnahme des
BR, BT-Drs. 13 / 7385, S. 51.
46. http://services.rp-online.de/direct/archiv/medianews/april/97-04-23-multi/radikal.shtml:
Das deutsche Forschungsnetz hatte eine Woche lang den Zugang zu einem
niederländischen Server gesperrt, auf dem eine Ausgabe der in Deutschland
verbotenen Zeitschrift "Radikal" bereitgehalten wurde. Die Sperrung
wurde dadurch wirkungslos, daß der Inhalt von anderen
Servern gespiegelt, d.h. kopiert und allgemein zugänglich gemacht wurde. So
konnte - auch von Deutschland aus - der betreffende Inhalt nach wie vor
abgerufen werden.
47.
Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13 / 7385, S. 20.
50. So auch Engel aaO, S. 227, der den Nutzer im Verhältnis zum
"Betreiber" vorrangig in Anspruch nehmen will.
51.
Gesetzesbegründung, BT-Drs. 13/7385, S. 21,
wortgleich Engel-Flechsig aaO,
S. 236.
52.
Gesetzesbegründung, s. FN 48.
54. Die täglich im
Internet bewegte Datenmenge (im Terabyte-Bereich) und
der rasche Wechsel der Angebote erlauben allenfalls eine stichprobenartige
Präventivkontrolle mit entsprechender Gefahr willkürlichen Vorgehens. Das
Problem der Angebote von Servern im Ausland stellt sich hier genauso wie bei
der allg. Verantwortlichkeit (s.o. 3 a. bb. (2) und u. FN 55).
55. Dies ist gem. § 7
III n.F. Rundfunkstaatsvertrag selbst für
Dauerwerbesendungen im Fernsehen nicht vorgesehen !
56. Der Begriff ist
auslegungsbedürftig und rechtlich wenig durchformt. Vornehmlich werden hier die
Sorgfaltspflichten der Presse gem. § 6 der Landespressegesetze, ergänzend auch
der Pressekodex, der allerdings keine rechtsnormgleiche Bindungswirkung hat
(Steffen in Löffler, Presserecht, 4. Aufl. § 6 LPG Rd. 20), in Bezug genommen.
Fraglich ist jedoch, warum § 7 II 2 MDStV den
wesentlichen Inhalt dieser "Grundsätze" (sorgfältige Prüfung auf
Inhalt, Herkunft und Wahrheit, vgl. § 6 LPG-BW) dann wiederum nur auf
"Nachrichten über das aktuelle Tagesgeschehen" bezieht.
57.
Druckpresseerzeugnisse, die wortgleich auch z.B. ins Internet gestellt werden.